Fredis Glosse
Treibjagd im Punschwald (Hochdeutsch) | 07.10.2025 |
Jetzt spiele ich einmal Hellseher und verrate euch schon heute die Main-Post-Schlagzeile vom 19. Dezember 2025: „Jagdpächter des Neustädter Punschwaldes kündigt Pachtvertrag“. Unterzeile: „Der Pächter des Jagdreviers Neustädter Punschwald hat die Nase voll und wirft seine Flinte ins Korn“. Was ist passiert? Dass Bad Neustadt statt eines Adventsmarktes einen „Punschwald“ bekommt, ist ja bekannt. Auf Anregung eines Rhön-Grabfelder Mundartkünstlers hatte es die Stadt nicht bei einem einfachen Punschwald mit Bäumen, Hackschnitzeln und Buden belassen, sondern auch Tiere eingesetzt. Kleine Rehböckchen zum Beispiel, die Punschbecher an ihrem Geweih hängen hatten, sodass sich die Besucher selbst bedienen konnten. Oder Hasen, die blitzschnell neue Bestellungen von den Kunden zu den Standbetreibern brachten. Eine Security war ebenfalls nicht nötig, da die eingesetzten Wildschweine – die Keiler – diese Aufgabe vorbildlich und konsequent übernahmen. Um unsere Heimat so richtig abzubilden, wurde außerdem eine kleine Flusslandschaft angelegt, in der Forellen schwammen und in der sich mehrere leibhaftige Biber austobten und den Fluss mehrfach aufstauen konnten. Auch ein Wolf durfte natürlich nicht fehlen – und jeden Montag musste der Bauhof neue Schafe bringen und den Bestand wieder auffüllen, weil sich der Wolf mit seinem Jagdtrieb im Punschwald eben so verhielt, wie er sich nun einmal verhält. Eichhörnchen warfen frisch gebrannte Mandeln von den Bäumen, und so lief alles genau so, wie es sich die Stadt gewünscht hatte. Schließlich musste aber doch ein Jäger engagiert werden, und der Punschwald wurde als Jagdrevier verpachtet. Eine gute Entscheidung! Der Jäger passte auf die Tiere auf – am Ende aber auch auf die zweibeinigen Gäste. Immer wenn er merkte, dass ein Besucher seine Zeche nicht bezahlt oder einen leeren Punschbecher nicht zurückgegeben hatte, gab er mit seiner Schrotflinte einen Warnschuss ab. Es hätte alles nicht schöner sein können im Neustädter Punschwald – doch langsam kam Verdruss beim Jagdpächter auf. Zuerst wurde eine Treibjagd von der Stadt nicht genehmigt. Und dann flatterte, von einem Eichelhäher überbracht, ein Brief des Jägers ins Rathaus, in dem der seinem ganzen Weidmannsfrust Luft machte. Das Jagdrevier Neustädter Punschwald sei eine Katastrophe, weil jeden Abend, wenn die Dämmerung hereinbricht und es dunkel wird, Massen von Leuten durch „seinen“ Wald zögen und eine sinnvolle Bejagung seiner Tiere unmöglich machten. Er habe jetzt endgültig die Nase voll und werde kündigen. Ja, so ist es: Alle gut gemeinten Ideen und Projekte haben auch ihre Nachteile – und einer stusst eben immer … Servus, der Eustach. |
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